Zehn Jahre nach der Produktion erscheint “Dringlichkeit geht immer”.
Der Pressetext geht so:
Für viele war 2008 die Welt noch in Ordnung. Barack Obama wurde zum 44. US-Präsidenten gewählt, David Foster Wallace war immerhin noch bis zum 12. September am Leben und Christian Rottler hatte mit seiner Band Galakomplex einen Vorvertrag bei PIAS über ein Album in der Tasche. Der Stuttgarter gilt seinerzeit als Geheimtipp, das nächste große Ding der Singersongwriter-Szene und mancher spricht vom legitimen Erbe der Referenzlyrik der Distelmeyers, von Lowtzows und Spilkers. Windige A&Rs, große und kleine Plattenfirmen melden sich – Rottler scharrt Musiker um sich, stellte ein Album fertig, das Release scheitert, die Band zerfällt und Rottler beginnt ein Volontariat bei einer Tageszeitung.
Galakomplex ist ein Jahr nach Fertigstellung des Albums Geschichte: Kontrabassist Boris Nielsen spielt bei Käptn Peng, Fabian Stevens trommelt bei der Alin Coen Band, Produzent Marlow veröffentlicht Platten bei Sonar Kollektiv und Gitarrist Jan Frisch tingelt von Kleinkunstbühne zu Kleinkunstbühne. Die Songs jedoch leben in Rottlers neuen Band Lenin Riefenstahl und in anderen Kontexten weiter.
Rottler (1978) ist ein kein begnadeter Gitarrist oder Sänger. Es ist sein Umgang mit Sprache, der ihm ein Alleinstellungsmerkmal beschert. In erster Linie Lyriker und Autor ist er ein Meister der Verdichtung, Aussparung und Anschlussfähigkeit. In wenigen Zeilen bringt Rottler seine eigene Ohnmacht, Zerrissenheit, Verletzlichkeit, Verzweiflung und Polykontextualität auf den Punkt. Er unterbreitet Angebote, nimmt seine Hörerschaft mit auf eine Reise, ohne das Ziel selbst zu kennen. Er erzeugt mit seiner Be- und Umschreibungskunst genau den Spielraum, den sonst nur Literatur schaffen kann.