Rotte: Zehn Logos in fünf Minuten

Stundenlang brühten sie, sitzen vor einem leeren Blatt Papier, zeichnen hundert Entwürfe am Tag, die allesamt im Papierkorb landen und beauftragen dann schließlich doch eine Agentur. Die Agentur legt los, macht auch nochmal hunderte Entwürfe – aber nur äußert selten ist das Ergebnis für alle Beteiligten zufriedenstellend. So ein Logo für ein Label ist eine heikle Sache, schließlich begleitet es im Idealfall das Label bis zum bitteren Ende. Als es im Mai 2016 darum ging, im Zuge der Vinylproduktion von „Proust ist mein Leben, doch es langweilt mich sehr“ ein Logo für Rotte zu entwerfen, war Eile geboten. Jan Ziegner – Grafiker dieses Buches – schlug vor, dass doch der Rottler die Sache selbst in die Hand nehmen solle. Ein Label wie Rotte müsse zwingend auf Authentizität setzten, ein ausgechecktes und filigranes Design sei da einfach fehl am Platz. Schließlich erinnere der Labelname an einen Spitznamen eines wohnungslosen Punkers, der schon morgens vor dem Zähneputzen Dosenbier trinke, in der U-Bahn nach Kleingeld frage und einem Nine-To-Five-Arbeitstag herzlich wenig abgewinnen könne. Ein Wildschweinkopf, schließlich leben diese Tiere in einer Rotte, kam auch nicht in Frage. Eine schlichte Helvetica, die Grafiker in ihrer Verzweiflung gerne wählen, stand ebenfalls keine Sekunde zur Diskussion. Dieses Konzept Buchstaben-aus-der-Zeitungen-ausschneiden-und-dann-scheinbar-wahllos-anordnen ist spätestens seit den späten  1970er-Jahren ausgelutscht. Rotte: Das klingt wie Pisse, Kotze oder Ratte – eben wie ein amtlicher Punkername. Es muss hingeschludert aussehen, aber trotzdem eine gewisse Raffinesse aufweisen. Der Schriftzug muss zwei Welten vereinen: Dosenstechen mit Hansa Pils unter der Brücke und Zuprosten mit Veuve Clicquot auf einer Vernissage. Der Schwierigkeitsgrad ist also der denkbar größte. Im Grunde hatten wir zwei Wochen Zeit, bevor wir die Druckdaten dem Presswerk schicken mussten. Wir haben eine pragmatische Lösung gefunden: Rottler malt zehn Logos in fünf Minuten und Ziegner entscheidet sich für das kleinste Übel.

Hier die Doku dieser fünf Minuten:

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